"Ständig frisches Geld aus München"


Die Freiburger Politologin Beatrice Schlee über den Rückzug von Oppositionsführer Morgan Tsvangirai, die Chancen von Sanktionen und frisches Geld aus München für Robert Mugabe. Ein Interview.

Frau Schlee, wie beurteilen Sie die Entscheidung von Morgan Tsvangirai, zur Präsidentschaftswahl in Simbabwe nicht anzutreten?
Die Entscheidung ist erst einmal verständlich. Die MDC hatte immer die Position, nur zu freien Wahlen anzutreten. Das ist bei diesen Wahlen noch weniger gegeben als in der Vergangenheit. Allerdings ist Tsvangirais Schritt den Simbabwern schwer zu vermitteln. Viele mussten die Unterstützung für ihn mit dem Leben bezahlen. Deren Angehörige sind jetzt natürlich schwer enttäuscht.

Hat Tsvangirai damit seinen Kredit bei der Bevölkerung verspielt?
Nein, das glaube ich nicht. Mugabe wird jedoch einen wie auch immer zustande kommenden Wahlsieg propagandistisch gnadenlos ausschlachten. Aus Angst vor einem bereits feststehenden Wahlergebnis, das die Chance auf einen politischen Wandel gänzlich verspielen würde, kam es bei Tsvangirai wohl zu einem Strategiewechsel: Am besten die Wahl würde zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht abgehalten werden und wenn doch, dann sollten die UN und die Afrikanische Union, die ja Wahlbeobachter entsendet, sie nicht anerkennen. Nur so könnte ein internationaler Druck aufgebaut werden, der zur Lösung der Situation beiträgt.

Welche Einflussmöglichkeiten bestehen, etwa durch Sanktionen?
Etliche. Allerdings ist es schwierig, die Regierung Mugabe und nicht die Bevölkerung zu treffen. Ein großes Problem ist zum Beispiel, dass Mugabes Regierung ständig frisches Geld nachdrucken lässt, das eine Firma aus München liefert. Dieses Geld wird von der Regierung auf dem Schwarzmarkt in Devisen umgetauscht. Hiervon abgesehen gibt es noch weitere Geldströme, deren Ursprung jedoch nur teilweise nachzuvollziehen sind. Grundsätzlich gilt: Je weniger Devisen in die Hände von Mugabes Regime gelangen, um damit den Repressionsapparat zu finanzieren oder sich Loyalitäten zu erkaufen, umso besser. Momentan wäre es am wichtigsten, wenn UN und die Afrikanische Union geschlossen sagen würden: "Wir erkennen die Wahl nicht an". Das würde Oppositionsführer Morgan Tsvangirai wirklich helfen.

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Berliner Zeitung
27. Juni 2008

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